Montag, 26. Juli 2010

Do I wish I was a Punkrocker?

Dass früher alles besser war, sagt nicht nur meine Oma.
Dass früher alles authentischer war, sagt auch nicht nur Sandi Thom.
Manchmal denk ich mir auch, dass es durchaus Dinge gibt, bei denen ich mir wünschen würde, dass sie noch nicht das Zeitliche gesegnet hätte.

Der Plattenspieler liegt bei den meisten nur noch in einer verstaubten Kiste im Keller - neben seinem Leidensgefährten dem Kassettenrekorder und einer toten Maus.
Statt seine Fotos in penibel beschriftete Fotoalben mit Stoffbezug einzukleben, speichert man seine unzähligen Bilder nur noch in virtuellen Ordnern ab und gibt diesen dann nichtssagende Namen wie "14/2/10" oder "Türkei 2008".
Wann habe ich eigentlich das letze Mal ein Foto entwickeln lassen?

Um Vergänglichkeit und Nostalgie geht es auch in Sandi Thom's Song "I wish I was a Punkrocker", der mittlerweile schon stolze fünf Jahre alt ist. Das Thema an sich ist heute jedoch aktueller denn je.

"When [...] the media couldn't buy your soul,
and computers were still scary and we didn't know everything."
Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2008-2009, verbrachte der Otto-Normal-Surfer 2009 durchschnittlich 139 Minuten am Tag im WorldWideWeb.
Immerhin schon 19 Minuten mehr als noch im Jahr zuvor.
Wenn ich dem mal meine Netznutzung gegenüber stelle, bin auch ich an manchen Tagen wohl nicht einmal mehr dem höheren Durchschnitt zuzuordnen.
Aber das ist ja auch irgendwie kein Wunder, denn so viele Anhaltspunkte des Lebens driften (leider) immer öfter in das virtuelle Paralleluniversum ab.
Allem voran natürlich die menschliche Kommunikation.

Bei wem es gerade zwischenmenschlich kompliziert ist, erfährt man meistens über eins der unzähligen sozialen Netzwerke. Wie die Rückseite der Briefmarke schmeckt, wissen wahrscheinlich nur noch die wenigsten und für jede Art von Emotion gibt es ein verpixeltes Bildäquivalent. Das halbe Leben, gepresst in 14 Zoll.
Hätte Bill Gates das alles damals schon gewusst, als er seine These aufstellte, dass das Internet "nur ein Hype" ist: er hätte sich vielleicht an einem seiner virtuellen Microsoft-Cookies verschluckt.

Aber zu behaupten, dass das Fräulein Thom in allem Recht hat, was sie da singt, wäre unserer heutigen Welt gegenüber auch nicht ganz fair.
Das Leben ist vor allem durch die Digitalisierung heutzutage vielleicht weniger authentisch - aber in vielen Dingen machen uns die 100011001-Codes den Alltag einfach leichter.
Und dass die Zeiten des mangelnden Körperhygiene-Bewusstseins und der CC-Catch-Gedächtnis-Dauerwelle vorbei sind, darüber bin ich ehrlichgesagt wenig traurig.




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